„Hier wird ein Stück weit Natur nachempfunden“

Nach gut zweijähriger, intensiver Arbeit veröffentlichte im Mai dieses Jahres die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) die neuen „Empfehlungen für Planung, Bau und Instandhaltung von privaten Schwimm- und Badeteichen“. Für die Planer und Erbauer von naturnahen Badegewässern stellen sie eine wichtige Handreichung und eine elementare ­Richtschnur ihrer täglichen Arbeit dar. Im Exklusivinterview erklärt Dr. Norbert Gäng, Vorstand in der DGfnB und einer der Geschäftsführer der Balena GmbH (Teichmeister), die wesentlichen Inhalte und Hintergründe der neuen Richtlinie.

Frage: Herr Dr. Gäng, warum ist es überhaupt notwendig geworden, neue Empfehlungen für den Schwimmteichbau zu erarbeiten?
Dr. Gäng: Die alte Empfehlung aus dem Jahre 2006 spiegelt den technischen Stand der naturnahen Badegewässer aus den Anfängen wider. Die technische Weiterentwicklung schritt aufgrund des großen Interesses in den letzten zehn Jahren zügig voran, so dass es definitiv erforderlich war, das Regelwerk entsprechend zu erneuern und dem aktuellen Stand anzupassen.
Frage: Warum sind diese Empfehlungen so wichtig und zentral für alle, die mit dem Bau von naturnahen Badegewässern zu tun haben?
Dr. Gäng: Es ist nicht damit getan, ein Loch auszuheben, Folie reinzulegen eine Pumpe anzuschließen und ein wenig Kies dazuzuschütten. Letztendlich wird mit einem Schwimmteich ein Stück weit Natur nachempfunden. Hier laufen Prozesse ab, die es schon seit Millionen Jahren gibt und über diese kann ich mich im Schwimmteichbau nicht einfach hinwegsetzen.
Frage: Wie hat sich der Schwimmteich- und Naturpoolbau im vergangenen Jahrzehnt verändert? Oder anders gefragt: Welchen Entwicklungen musste die Branche durch die neuen Empfehlungen Rechnung tragen?
Dr. Gäng: Der Trend ging in den letzten Jahren aus dem sehr naturnahen Gewässer mit großen Flachwasserzonen und einer großen Pflanzenvielfalt über in sehr kompakte Anlagen mit Poolcharakter. Die sehr naturnahen Anlagen werden zum Glück aber immer noch gebaut. Eine Rechnung muss die Branche durch die neuen Richtlinien allerdings nicht tragen, da sie in ihrem Beschrieb der einzelnen Typen auf Prozesse hinweist, die sowieso nicht umgänglich sind. Von der Natur vorgegebene Prozesse muss man eben einhalten, sonst funktioniert es nicht.

Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Österreich und der Schweiz

Frage: Welche Änderungen gibt es im Vergleich zu den vorherigen Empfehlungen von 2006?
Dr. Gäng: Die wohl wichtigste Änderung ist, dass nicht mehr in „Ein-Kammer“- und „Zwei-Kammer“-Systeme unterschieden wird. Denn in beiden Kammern laufen die gleichen biologischen Prozesse ab, deshalb machte eine solche Unterteilung keinen Sinn mehr. Des Weiteren wurde vom Filter als einer Flächenfunktion Abstand genommen, da es sich um eine Volumenfunktion handelt und es oft zu Irritationen in der Diskussion um die Fläche der Filterzone geführt hat, dass diese zum Beispiel zu klein sei. Hier hat man sich an die Ausarbeitungen der Kollegen aus Österreich und der Schweiz angelehnt.
Frage: Für die Ausarbeitung der Richtlinien haben Sie also die Kollegen aus Österreich und der Schweiz hinzu­gezogen.
Dr. Gäng: Die Regelwerke aus Österreich und der Schweiz sind ja deutlich aktueller als das deutsche Regelwerk von 2006. Auf Verbandsebene arbeiten die drei Länder sowieso schon lange intensiv zusammen. Von daher war es sinnvoll, die Kollegen aus der Schweiz und Österreich einzubeziehen. Somit konnten die Erfahrungen aus diesen Ländern und deren Regelwerken mit einfließen, etwa, was sich als praktikabel erwiesen hat und was nicht.
Frage: Inwiefern unterscheiden sich nunmehr die Richtlinien von Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Dr. Gäng: Auch wenn man sich in der Typisierung angenähert hat, entspricht die Kategorie 5 in Österreich nicht dem Typ 5 in Deutschland. Hier zählen andere Kriterien. Österreich ist zum Beispiel in den Phosphorgrenzwerten deutlich strikter. Auch gibt es für technische Einheiten noch andere ­Bezeichnungen.

„Es gibt gewisse Vorgaben, damit Qualitätskriterien eingehalten werden“

Frage: Inwiefern sind die neuen Richtlinien auch eine Antwort auf die zahlreichen und vielstimmigen Kritiker der ­“grünen Branche“?
Dr. Gäng: Die neuen Richtlinien helfen dabei, mögliche Fehlerquellen auszugrenzen. Es gibt gewisse Vorgaben, damit Qualitätskriterien eingehalten werden. Sie ist eine Pflichtlektüre für jeden, der Schwimmteiche und Naturpools plant, baut und bewertet. Negativfälle dürften daher weniger werden und somit sollten dann auch die Kritiker weniger werden.
Frage: Ein Blick in die Glaskugel: Werden die neuen Empfehlungen genauso lange ­Bestand haben wie die vorherigen?
Dr. Gäng: In Summe steckt doch immer sehr viel Arbeit in einem solchen Regelwerk. Ich glaube, hier waren es zwei bis drei Jahre intensiver Arbeit, vor allem durch den Regelwerksausschuss, dem hier großes Lob für die gelungenen Richtlinien ausgesprochen werden darf. Daher gehe ich davon aus, dass das neue Regelwerk ebenfalls lange Zeit Bestand haben wird.

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